Frust...

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MaSa
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Frust...

Beitrag von MaSa »

Hallo an alle, die mir vielleicht die Augen öffnen können :-)

Wie viele andere Paare, haben auch wir so manche Probleme mit dem Thema "Patchworkfamilie". Dabei weiß ich noch nicht einmal, ob wir so genau unter das Stichwort Patchwork fallen, da nur mein Partner ein Kind mit in die Beziehung brachte. Ich stieß zunächst "unbelastet" hinzu.
Angefangen hat diese Beziehung gleich mit einer ganz großen Belastung: ich wurde schwanger und musste mich aufgrund großer Hilflosigkeit, mangelnder Unterstützung und verändernder Lebensumstände seitens Freund (Trennung, Auszug, Scheidung) gegen unser Kind entscheiden (aber das wäre eine andere Geschichte). Warum ich dies trotz alledem erwähne ist, dass damit mein großer Leidensweg begann. Ich kam nicht damit klar, dass ich mich quasi um seine Tochter kümmern sollte (zu 85% war sie bei uns) und ich mich auf der anderen Seite nicht für mein / unser Kind entscheiden durfte. Es war sehr verletzend zu sehen, wie er sich für das Kind aus der Ehe aufopferte (der Ex-Partnerin in meinen Augen alles recht machen wollte) und ich mich aber gleichzeitig sehr vernachlässigt fühlte.
Ab und an gab es deshalb Ärger, andererseits war mir klar, dass er sich auch um dieses Kind kümmern musste (Standardspruch: Du hast gewusst, dass ich ein Kind habe). In meinen Augen war ich schon sehr tolerant - obwohl es mir immer schlecht dabei ging und ich mal mehr, mal weniger eifersüchtig auf seine "1. Familie" war. (Sie kommen alle sehr gut miteinander klar)
Nun hat sich die Situation vor knapp zwei Jahren aber ziemlich verändert - es kam endlich unser Kind (mein absolutes Wunschkind) auf die Welt!!
Ich dachte eigentlich, dass nun endlich das Gefühl von "Familie" aufkommen würde und dass ich nun an erster Stelle als Partnerin stehen würde. Aber - um es kurz zu machen - dem war und ist immer noch nicht so. Nach wie vor habe ich das Gefühl, dass mein Freund nach nunmehr sieben Jahren immer noch die Termine, Wochenenden, Ferienregelung mit der Mutter seines Kindes ausmacht und ich vor vollendeten Tatsachen gestellt werde. (oder aber er fragt mich quasi um "Erlaubnis", nachdem sie schon miteinander gesprochen haben, ob diese oder jene Regelung o.K. wäre) Dabei versteht er nicht, warum ich mich dann immer zweitrangig fühle ("ich habe dich doch gefragt").
Zugegebenermaßen war ich oft auch ungerecht zu seiner Tochter, war oft wie blockiert und gelähmt, aus Eifersucht aus genannten Gründen. Ich konnte und wollte meine ablehnende Haltung seiner Tochter gegenüber nicht verbergen. So nahm er zunehmend natürlich die Beschützerrolle ein und verteidigte sie auch dann, wenn es in meinen Augen echt nicht gerechtfertigt war ("bringst du mal den Müll raus? - Er: "das kann ich gleich machen, muss sowieso gleich raus" Oder:"Deckst du mal den Tisch?" Er:" Da kann ich machen, sie kommt ja sowieso nicht an die Teller, Gläser dran" "Könntest du bitte mal etwas leiser sein?" -Er: Sie ist doch noch ein Kind, lass sie doch") Tja, da stellt sich mir die Frage, was ich eigentlich für eine Funktion in dieser neuen "Familie" habe, wenn ich ihr nichts sagen darf (dabei soll hier nicht der Eindruck entstehen, dass ich ihr nur Befehle erteile). Aber, mittlerweile lass ich den Karren einfach laufen und sage meistens nichts mehr, auch wenn mir der Kragen fast platzt. Mein Partner hält sich ebenfalls schwer zurück und so kann es passieren, dass wir an einem Tag inklusive gemeinsamer Mahlzeiten vielleicht 20 Sätze miteinander sprechen. Für mich (und auch für ihn) wird es immer untragbarer, wir lachen kaum, wir schweigen.Wie heißt es bei Ikea? "Wohnst du noch oder lebst du schon?" Ich würde mal behaupten, dass wir noch wohnen.....ich möchte aber wieder leben! Ich ertrage den Zustand nicht mehr. Am liebsten würde ich mit unserem Kleinen ausziehen, hätte auch ne Wohnung in Aussicht, die super zu uns passen würde, aber ich müsste mich eben schnell entscheiden....Ich weiß nicht, was ich machen soll...einerseits steht da der Traum von einer glücklichen Liebe, Familie, andererseits der Wunsch nach Abstand und Ruhe. Gibt es da noch so etwas wie Hoffnung oder ist der Karren so verfahren, dass nur noch die Trennung eine Lösung wäre? Hat jemand mit einer räumlichen Trennung vom Partner Erfahrungen? Könnte das helfen oder ist damit die endgültige Trennung vorprogrammiert?
Ich hänge wirklich total in der Luft.....

(Zusatzinfo: wir haben einen sehr großen Altersunterschied und sprechen meiner Meinung nach einfach nicht mehr die gleiche Sprache)
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Thomas Gerling-Nörenberg
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Antwort an MaSa

Beitrag von Thomas Gerling-Nörenberg »

Hallo MaSa, herzlich willkommen in unserem Forum...

ich kann Ihnen leider oder "Gott sei dank" nicht die Augen öffnen - aber vielleicht ein wenig aus meiner Praxis und Erfahrung berichten.

Meiner Meinung nach beinhaltet der Ausdruck "Patchwork-Familie" alle Familienformen, die über eine Ursprungs- oder Kernfamilie hinausgehen. Also auch die Ihre.

Mit der gelebten Geschichte zu hardern ist aus meiner Erfahrung wenig hilfreich. Aus reflektierten Erlebnissen zu lernen, gibt für die Gegenwart und Zukunft viele neue Möglichkeiten der Entfaltung. Sie haben ja mit ihrem Wunschkind Ihr Leben lebenswerter aber auch reicher an allen möglichen Fassetten gemacht. Die Verantwortung für Kinder ist für Eltern auf der einen Seite bereichernd, auf der anderen aber auch mit Fürsorge und Sorgen verbunden. Dieses gemeinsame Kind in Ihrer Patchworkfamilie, in der Sie sich von Ihrem Partner nicht genügend unterstützt fühlen, ist eine besondere Herausforderung.

In meiner Patchworkfamilien-Geschichte hat mir geholfen, dass ich mir immer wieder klar machte (aber auch immer daran haderte), dass ich der ZWEITE Ehemann meiner Frau war und bin, natürlich. Auch ihre Kinder waren "vor mir" (unserer Beziehung) da. Dieses Bild habe ich zuerst als Abwertung empfunden, jedoch im Laufe Zeit auch realistisch wahrnehmen können. Ich lernte diese Erfahrungen meiner Frau, bevor sie mich kennenlernte, zu akzeptieren. Dazu verhalf mir auf der einen Seite die Erkenntnisse meiner familientherapeutischen Ausbildung, auf der anderen die langsam entstehenden tragfähigen Beziehungen zu meiner jetzigen Frau und ihren Kindern. Ich benötigte ein langes Durchhaltevermögen, das sich jedoch gelohnt hat!!! - Das Gefühl von "normaler" Familie ist bei uns nie entstanden, ich glaube, dann wäre auch etwas verkehrt gelaufen. Jedoch, fühlen wir uns jetzt als eine "gut funktionierende" einzigartige Patchworkfamilie, in der es immer mal wieder Freude und Spaß aber auch Wut und Trauer gibt - wie im normalen Leben...

Die Machtkämpfe, die Sie schildern, sollten Sie mit Ihrem Partner in einer ruhigen, ungestörten Zeit einmal reflektieren. Sie machen sich damit das Familienleben zusätzlich schwer. Falls dies im Zweiergespräch nicht geht, sollten Sie sich um einen VermittelerIn bemühen, den Sie beide akzeptieren; evtl. jemand aus Ihrem Freundes/Bekanntenkreis oder eine professionelle Beratung. Dies sollten Sie versuchen, bevor Sie sich zu einer Trennung entschließen - wenn es für beide Seiten noch möglich ist.

Dennoch, wünsche ich Ihnen viel Energie für die notwendigen Veränderungen

herzlichen Gruß

Thomas Gerling-Nörenberg
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