kein Recht auf eine "neue" Familie?

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cheleida
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kein Recht auf eine "neue" Familie?

Beitrag von cheleida »

Hallo,
ich habe heute dieses Forum entdeckt und mir wurde bewußt, daß auch andere Menschen ähnliche Situationen erlebt haben wie ich. Besonders der Beitrag von *Viola" machte mich sehr betroffen.

Kurz zu meiner Geschichte: Mein Lebensgefährte und ich leben seit rund 2 1/2 Jahren zusammen und haben eine gemeinsame einjährige Tochter. Als wir uns kennenlernten, lebte er noch bei "seiner Frau" (sie hat bis dato die Scheidung verweigert). Er war 16 Jahre alt (heute Mitte 30), als er sie kennenlernte. Beide hatten sich völlig auseinanderentwickelt. Die Kinder aus dieser Ehe (heute 7 und 9 Jahre alt) litten massiv unter der zerrütteten Ehe, eine Trennung hätte aus meiner Sicht schon viel früher erfolgen sollen. Als er auszog und eine - v. a. für die Kinder - faire Trennung wollte, folgte eine Zeit, die ich in meinem Leben nie vergessen werde. Seine "Frau" entzog ihm für Wochen die Kinder völlig, hetzte sie gegen uns auf und erzählte, der Papa wolle nichts mehr von ihnen wissen. Doch es kam noch wesentlich schlimmer: seine Eltern, v. a. die Mutter meines Freundes - eine "Rache-Stalkerin" der schlimmen Sorte - verfolgte, terrorisierte und bedrohte mich. Mein Freund hat den Kontakt zu seinen Eltern abgebrochen, seine "Frau" hingegen hat ein ausgezeichnetes Verhältnis zu ihnen (erhält z. B. Geschenke wie ein Auto, auch ihre Kinder werden teuer beschenkt) und erfreut sich guter finanzieller Verhältnisse - im Gegensatz zu uns!!

Nun, trotz all der Drohungen und Beschimpfungen wagten wir es, eine "neue" Familie zu gründen. Als bekannt wurde, daß ich schwanger war, erfolgte eine erneute Terrorwelle. Niemals kann ich vergessen, welche Ängste ich in der Schwangerschaft hatte. Dabei auch immer die Angst, meinem Baby durch meine Angst zu schaden. Von meinem Freund fühlte ich mich dabei wenig unterstützt, er war selbst durch den Terror mit den Nerven am Ende und meinte nur, ich solle mich nicht hineinsteigern, seine Mutter werde die Drohungen schon nicht wahrmachen. Ich war und bin mir da nicht so sicher, da die schon zuvor psychisch auffällig war und sie ihren Haß auf Zustände und Personen in ihrer Herkunfts- und Schwiegerfamilie wahnhaft auf mich projizierte. Sie bezeichnete unser Kind als Bastard und drohte, ich werde so lange sie lebt keine Ruhe von ihr haben.

Mittlerweile hat der Terror aufgehört (das Anti-Stalking-Gesetz ist zumindest jetzt in Kraft), Rufmord begeht sie nach wie vor. Die "Frau" meines Freundes blendet nach wie vor ihre eigene Verantwortung am Scheitern der Ehe aus, spielt nun aber die "liebe Tante" für unsere Tochter. Sie würde jetzt auch in die Scheidung einwilligen, vorausgesetzt mein Freund schenkt ihr seinen Anteil am Haus oder er behält sich seine Haushälfte, sie kann gratis darin wohnen, zusätlich zu Alimente und Unterhalt soll er dann noch € 300,- monatlich für die Instandhaltung bezahlen. Dem will mein Freund zustimmen, denn seinen Kindern soll es an nichts fehlen - unsere miserable finanzielle Situation bedenkt er nicht.

Oberstes Ziel meines - mit Schuldgefühle beladenen - Freudes ist, seine großen Kinder so oft wie nur möglich zu sich zu nehmen (was seiner "Frau" jetzt auch ganz recht ist). Der Grund warum ich heute im Internet nach Themen stöberte, ist dieser, daß ich mittlerweile völlig ausgebrannt bin: an den Wochentagen bin ich alleine mit unserer Kleinen, berufsbedingt kommt mein Freund oft erst so spät nach Hause, daß die Kleine ihn nicht mehr sieht. Seine Kinder kommen jedes Wochenende (zumindest für einen Tag bis ca. 21 Uhr oder sie übernachten bei uns). In der Wohnung befinden sich dann 4 Kinder: seine beiden, meine Nichte und unser Baby (für das er dann so gut wie keine Zeit aufwendet). Wenn dann am Wochenende ein Tag ohne seine beiden Kinder stattfindet, gibt es meist dies und das zu tun. Von Zeit für die Paarbeziehung kann überhaupt keine Rede sein. Auch die Kleine hat ihn zu wenig (er meint, sie bekäme das eh noch nicht so mit im Gegensatz zu den Großen - was natürlich entwicklungspsychologisch gesehen völliger Schwachsinn ist). Ich habe ihm schon so oft gesagt, er solle sich nicht nur für seine großen Kinder Urlaub nehmen, sondern auch ein paar Tage für uns, dabei meint er nur, ich sei nicht belastbar, ich akzeptiere seine Kinder nicht , und ich hätte ja gewußt, daß er 2 Kinder habe. Ja, das habe ich gewußt, aber ich habe nicht gewußt, daß wir kein Recht mehr auf Zeit für unsere eigene Familie haben. Ich habe 200 % leisten müssen, damit mich die Kinder nun endlich akzaptieren, da sie so verhetzt waren. Ich habe andere Mütter beneidet, die das Kinderzimmer für ihr Baby eingerichtet habe, ich habe es für seine beiden Kinder eingerichtet. Ich habe den Eindruck, das alles wird nicht gesehen, ganz im Gegenteil: es bestimmen ausschließlich er und seine "Frau", wann die Kinder zu uns kommen. Ich habe kein Mitspracherecht, werde nicht gefragt, teilweise erfahre ich sogar erst am selben Tag, daß sie kommen. Ich bekomme von meinem Freund und sogar von meiner Herkunftsfamilie heftige Vorwürfe, ich sei egoistisch, "stören dich leicht die Kinder, sie sind eh so lieb". Nur im Kollengen- und Freundeskreis fühle ich mich verstanden, die meinen "ich würde das nicht aushalten".

Ich bin mit meiner Kraft schon ziemlich am Ende, bin lieber alleine mit meiner Tochter als das ich den Trubel jedes Wochenende (in den Ferien jetzt noch viel öfter) verkraften muß. Habe ich nicht auch das Recht, einmal ein Wochenende mit meiner Kleinen und ihrem Vater zu verbringen?
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Thomas Gerling-Nörenberg
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Antwort an Cheleida

Beitrag von Thomas Gerling-Nörenberg »

Hallo Cheleida,

ja, Ihre Situation, die Sie schildern, kenn` ich gut. Als ich meine Frau kennenlernte, die auch zwei Kinder mit ihrem früheren Ehemann hat, die alle 2 Wochenenden zu uns zu Besuch kamen, fühlte ich mich wie das fünfte Rad am Wagen - häufig überflüssig. Nur langsam konnte ich das verstehen. Die Kinder des Lebenspartners bringen die früheren Geschichten und Verbindungen immer wieder mit in die Patchworkfamilie. Da war es total schwierig, die Paarbeziehung wie eine Exklusiv-Beziehung zu leben, wie es eben möglich ist, wenn noch keine Kinder da sind. Und dennoch sind gerade in Patchworkfamilien Zeit für die Partnerschaft eine wichtige Voraussetzung für das Gedeien der Familie. Auch ich sehe das wie Sie, Kinder bekommen Stimmungen oder die Präsens der Bezugspersonen ab Geburt intensivst mit - vielleicht auch schon in der Schwangerschaft...


Mir hat damals geholfen, gute Kontakte zu Freunden und Bekannten zu pflegen und dadurch mir sog. "Tankstellen" zu erhalten.


Vielleicht sollten Sie mit Ihrem Partner an den "kinderfreien" Wochenenden erholsame und für Sie, Ihn und Ihr gemeinsames Kind schöne Unternehmungen starten, die Ihnen alle neue Energie bringen und es nicht nur um "Problembewältigung" geht. Zuhause ist es meist schwierig, aus altem "Fahrwasser" herauszukommen. Vielleicht gelingt es Ihnen dann auch Ihre "Patchworksituation mit Ihrem Partner zu reflektieren und neue Erfahrungsräume zu entdecken, damit eine positive Veränderung erreicht werden kann.

Ich wünsche Ihnen viel Kraft, in Ihrer Patchworkfamilie positive Veränderungen anzustossen. Vielleicht könnte auch eine gemeinsame Beratung für Sie und Ihren Partner der richtige Impuls sein.

Frohen Gruß
Thomas Gerling-Nörenberg
cheleida
Beiträge: 2
Registriert: Do 20. Jul 2006, 11:00

Beitrag von cheleida »

Lieber Thomas,
vielen Dank für Ihre Antwort. Es ist ja gerade ein zentrales Problem, daß mein Partner "kinderfreie" Wochenende aus Rücksicht auf seine Kinder verweigert bzw. meint, es wäre Egoismus, wenn wir die Zeit für uns allein nutzen. Ich habe zumindest "erkämpft", daß dieses Wochenende "kinderfrei" ist, denn unsere Tochter feiert ihren ersten Geburtstag. Ich hoffe, daß es auch eingehalten wird. Eine Beratung habe ich auch schon mehrmals vorgeschlagen, mein Partner lehnt dies jedoch ab. So bleibt mir vorerst nur, mich selbst supervidieren zu lassen und mehr meine eigenen Wege zu gehen, damit ich nicht vollkommen im Problemtrance versinke ...
Liebe Grüße
Cheleida
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